Mit Gulliver auf Reisen gegangen
30.11.-0001

Mit Gulliver auf Reisen gegangen

Blasorchester leistete Großartiges von "Alte Kameraden" bis Eric Clapton

VON PETER LORBER

Lohmar.   Viele wohltuende Momente gab es beim Frühlingskonzert des Lohmarer Blasorchesters in der Jabachhalle. Auch schon im Foyer, als sich die Kleinsten des Aufbauorchesters auf ihren Auftritt vorbereiteten. Da war nichts von Nervosität zu spüren, eher eine angespannte Fröhlichkeit. Josephine, das Nesthäkchen des Ensembles, zeigte stolz ihre Querflöte, bei der das Mundstück um 180 Grad abgewinkelt ist, weil die Ärmchen der Achtjährigen noch zu kurz sind, um die gesamte Flötenlänge zu greifen. Die Unbefangenheit der Kinder setzte sich auf der riesigen Bühne fort, wo sie sich mit sorgfältig ausgesuchten Stücken, darunter ein schwungvolles "Oh when the saints" und das optimistische "Frühling", den verdienten Applaus erspielten.

Dirigent Michael Tappert führte den Stab mit sichtbarem Respekt gegenüber den Nachwuchskünstlern. Langfristig sichert die Philosophie einen Vorrat an technisch und musikalisch gut ausgebildeten jungen Menschen. Was schließlich dazu führt, dass sie sich später nahtlos ins Hauptorchester einfügen können.

Jenes leistete Großartiges an diesem Abend vor knapp 500 Genre-Liebhabern. Gleich mit dem Eingangsstück "Alte Kameraden" demonstrierten die Musiker große Spielfreude und verliehen dem Klassiker diese jubelnde Pracht, die ihn zu einem der berühmtesten Märsche überhaupt machte. Wunderschön gelangen die forsch voranschreitenden Parade-Elemente und die Übergänge zu den melodisch wiegenden und liedhaften Abschnitten. Lob gab es dafür von einem ,der weiß, wie schwer und Atem raubend dieses Stück auszuführen ist, nämlich von Hansgünther Schröder, der sich als versierter Dirigent an der Oberen Sieg einen Namen gemacht hat. Seit langem aber auch als wortgewaltiger Moderator, dessen kurzweilige Ausflüge in die Musikgeschichte immer wieder Freude bereiteten.

Vielseitigkeit und musikalisches Einfühlungsvermögen demonstrierte der rund 70 Personen umfassende Klangkörper mit "Gulliver's Reisen" (Bert Appermont), bei dem Tappert die gegensätzlichen Bilder mit den passenden Farben, einmal kräftig, dann wieder in zartem Pastell ausmalen ließ. So tanzten im ersten Satz "Lilliput" vergnügt die Zwerge umher, das "Land der Riesen" setzte auf mächtiges Blech und Schlagwerk, bei der "Schwebenden Insel" herrschten dann verträumte Töne vor, während beim "Land der Pferde" der Eindruck galoppierender Rösser vermittelt wurde.

Vor 500 Zuhörern gab das Lohmarer Blasorchester in der Jabachhalle sein großartiges Frühlingskonzert
(Foto: Böschemeyer)

Vom Tempo lebt Brahms' "Ungarischer Tanz Nr. 5", das aber erst einmal durchgehalten werden will. Auch hier ernteten die Protagonisten Pluspunkte, wobei die Flöten für die federleichten Ornamente dickes Lob verdienten. Als Solistin bewährte sich Alexandra Janssen mit ihrem Es-Alt-Saxophon bei Morrisseys "Nightfall". Souverän und virtuos meisterte die junge Musikerin, die Erfolge beim Wettbewerb "Musizierende Jugend" vorweisen kann, ihren Part.

Für jeden Geschmack etwas lautete dann die Devise. So gab es etwa mit "Golden Swingtime" famosen Bigband-Sound, das Eric Clapton-Medley begeisterte vor allem die 68er, während beim "Fluch der Karibik" die Kinofreunde auf ihre Kosten kamen. Die Klassik-Liebhaber indes waren von "Gershwin in concert" angetan, bei dem Tappert gleichermaßen den symphonischern Glanz und den fetzigen Jazz herausarbeitete. 
(Rhein-Sieg-Rundschau vom 31.03.2010)