Irgendwie weißblau kariert
30.11.-0001

Irgendwie weißblau kariert

LBO am 19. September auf flacher See bei Haltern

Die Sonne biss sich durch dicken Frühnebel, geriet dann aber hinter eine missmutige Wolkenlage, die sich während der anderthalb Stunden Busfahrt von der Jabachhalle bis nach Haltern am See eigensinnig hielt. Das störte die Aktiven des Lohmarer Blasorchesters und deren Begleitung eher nicht, denn es ging zum Brunch (d.h.: Frühstück mit Fermate) in einen Münsterländer Bauernhof. Der hieß „Sebbel", lag ein paar Kilometer von Haltern entfernt und erschien angenehm rustikal. Zufall oder nicht, die Frühstücks-Servietten waren in dem smarten Grün des LBO.

    

Brunch als Programmpunkt ist schön, wäre allein aber zu monoton. Wesentlich mehr Töne hatte der Jahresausflugs-Ausschuss (Conny, Udo und Simon) angedacht, indem ein Platzkonzert in Haltern geplant worden war, vom LBO zusammen mit dem dortigen Blasorchester Hullern in der Stadt zwischen Rathaus und Sixtus-Kirche. Nun war aber an diesem Sonntag ein kirchliches Jubiläum: 125 Jahre Fest Kreuzerhöhung, hier als lokale Besonderheit mit einem Kreuz, das, wie man später hörte, seinerzeit von der Lippe angeschwemmt worden war. Das Jubiläumsfest hatte also Vorrang. Deshalb war umdisponiert und das gemeinsame Platzkonzert auf das Gelände um den „Sebbel"-Gutshof verlegt worden. Mitwirkende neben den LBO-Musikern: ein knappes halbes Dutzend Mitglieder von Hullern. Zuhörer: vorwiegend die „Brunch"-Gäste des „Sebbel"-Hofes. Eine spontane Publikumsvermehrung ergab sich durch eine Geburtstagsgesellschaft, deren Hauptperson (60) plus Anhang vom angebissenen Brötchen weg nach außen geholt wurde, während Dirigent Michael Tappert versonnen in der gelben Mappe nach Passendem fischte. Dann konnte das Ganze als erweitertes Geburtstagsständchen fortgesetzt werden (Dieter: „Ojeh-ojeh, das wird teuer…").

         

Die Sonne hatte wieder obsiegt, und ein geführter Spaziergang in zwei Gruppen durch Haltern geriet zur Lehrstunde über eigentümliche Beziehungen des ehemaligen Festungsstädtchens zu Köln, angefangen vom Halterner Vikar Melchers, der später als Kölner Erzbischof unter den Bismarck’schen Kulturkampf-Gesetzen ins Exil musste und deshalb die kaiserliche Dom-Einweihungsfeier nicht mitbekam. Dazu die 2000-jährige Erkenntnis, dass, wären die beiden Legionen des Quintilius Varus seinerzeit nicht von den vereinigten Germanen des Arminius bei Kalkriese niedergemetzelt worden, dann wäre das Römerlager Haltern wohl anstelle der Colonia Claudia zur römischen Provinzhauptstadt aufgestiegen. Mit all den schrecklichen Spätfolgen späterer Geschichte: Klüngel wohin man schaut, und man könnte hier weit schauen, aber auch tief, etwa U-Bahnbau mit Archiv-Einsturz, von einem 1. FC (ebenerdig) ganz zu schweigen. Hätte, wäre, darf zum Glück gesagt werden, denn auch der Kölner Karneval, wo wäre der wohl abgeblieben, an der unteren Kante des Münsterländischen.

    

Reiseleiterin Conny hatte den Ablauf sorgsam im Griff, und so war es noch gut möglich, nach der Stadtführung in Ruhe das Gekachelte im edlen „Hotel am See" aufzusuchen, bevor das Rapsöl-getriebene Motorschiff „Möwe" die Gruppe aufnahm und eine schöne einstündige Runde über das flache Staugewässer fuhr. Wunderbare Eindrücke von einem fast vorbildlichen Naherholungs- und Naturschutzgebiet, die Sonne allerdings wurde wieder von Wolken einkassiert, eine richtig kalte Brise erhob sich, nur eine kleine Gruppe von Unerschreckbaren hielt über Deck aus, der Rest blieb unter Deck.

         

Erlebnis-Gastronomie heißt es heute, wenn steinerne Pilze mit Warzengesichtern die Sitzgruppen umrahmen oder wenn zum Start des Oktoberfestes republikweit weißblau rautierte Speisezettel mit seltsamen Gerichten auftauchen. So auch im „Jupp onner de Böcken", wo die LBO-Leute sich nach der Seefahrt stärkten. Das Weißblaue war nichts Unbekanntes, denn am Abend zuvor hatte das LBO im Kölner Gaffel direkt am Dom musikalisch die Stimmung zum bayerischen Fassbieranstich (Gaffel, immerhin) hergestellt. Weil nun Jupp später sowohl Obstler als auch Stangeneis an die Gruppe ausgeben ließ, konnte man vermuten, er hätte es u. U. gern gehabt, dass es noch Musik gebe. Aber der schicke Setra-Elefant mit den Instrumenten im Bauch stand zu weit weg….

Dass Walter Wihl ein ganz in seiner freundlichen Ruhe ruhender Mensch ist, erkennt auch ein Neuling sehr bald. Das wurde aber zum Problem, als der Bus zur Heimfahrt anrollte: Walter ist nicht da, hieß es plötzlich, der ganze Bus rief nach Walter, wer hatte ihn denn neben sich, wo könnte er bloß sein, es ging das Gerücht, man habe ihn zuletzt am Seeufer…. Auch das noch, wer denkt nicht bei so etwas an den seligen Bayern-Kini….Conny stieg aus, um ihn verantwortungsvoll am See zu suchen, wenig später machte sich Udo in Richtung Jupp auf, weil ein anderes Gerücht dorthin wies. – Und dann war Walter aber da, saß im Bus auf seinem Platz, hatte schon immer da gesessen, nur gemerkt hatte das keiner, er wohl auch nicht. Nun brauchte man nur noch die beiden Mini-Suchtrupps aufzusammeln.

Um halb neun waren die Ausflügler wieder auf dem Platz vor der Jabachhalle, keiner fehlte, alle waren gesund. Ein schöner unstressiger Tag ging zu Ende. Die den Stress hatte mit dem konkreten (und schließlich reibungslosen) Ablauf, Conny, war sicher auch glücklich. Fazit an sie: Danke! Fermate.